Estavayer le Lac
Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes erfolgte 1156 unter dem Namen Stavaiel. Später erschienen die Bezeichnungen Estavaiel (ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts), Stavail (1177), Estavaye (1184) und im gleichen Jahr bereits Estavayer. Anschliessend änderte sich die Bezeichnung über Estavaie (1212) zu Estavaier (1228). Im Verlauf des 13. und 14. Jahrhunderts traten latinisierte Formen wie Estavayacum (1265) und Staviaco (1324) in Erscheinung. Mit der Benennung als Staviaco lacu im Jahr 1403 wurde erstmals eine deutliche Unterscheidung gegenüber der anderen Ortschaft Estavayer am Gibloux gemacht. Auch die deutschen Versionen Steviols (1231), Staviolo (1239) und Stäffies (1578) sind überliefert. (Wikipedia und historisches Lexikon) Liste der Kulturgüter
Deutung: Ortsnamen.ch
Hypothesen:
Die Erklärung des Namens der beiden Freiburger Estavayer (Estavayer-le-Lac und → Estavayer-le-Gibloux) ist umstritten. Laut Gatschet (1867a: 9) würde Estavayer ein lateinisches *stadivum widerspiegeln, das der Autor mit dem althochdeutschen stad „Ufer, Landeplatz“ vergleicht. Jaccard (1906: 155) sieht darin lieber ein germanisches *staffal (> Stafel „Zuflucht, Station, Zwischenstation, besonders für Herden, die in die Berge ziehen“, das neuere Forschungen mit dem lateinischen stabulum in Verbindung bringen; vgl. Kluge, 242002 : 873 ). Hubschmied (1938c: 126) schlägt eine Bildung mit einem „späten keltischen“ *stavaia (was einem alten Plural *stamagia „Konstruktionen“ entsprechen würde) und dem lateinischen Suffix -ellum vor. Pokorny (1948/49: 261) weist Hubschmieds Hypothese zurück, indem er betont, dass es in -agio- kein keltisches Substantiv gibt. In Anlehnung an eine Hypothese von Gamillscheg (1936: 79) zu → Estavannens FR schlägt er eine Formation mit dem germanischen Personennamen *Stafa vor (vgl. Kaufmann 1968: 325), verweist aber auch auf das lateinische stabulum „stabil“. Aebischer (1976: 117) denkt an eine Bildung mit dem Suffix -ella, schlägt aber kein Radikal vor. Schließlich schlägt Besse (1997: 130) hypothetische Formen *Stabiolus, *Stabiellum (?) vor, die von stabulum abgeleitet wären.
Diskussion:
Gatschets Vorschlag kann nicht angenommen werden, *stadivum kann dokumentarische Formen nicht erklären. Darüber hinaus steht die Semantik von „rive“, obwohl sie für den Standort Estavayer-le-Lac geeignet ist, im Widerspruch zu der von → Estavayer-le-Gibloux FR. Eine wörtliche Übernahme des Ortsnamens von einer Gemeinde in eine andere ist unwahrscheinlich. Die von Jaccard erwähnte Semantik von *staffal stimmt nicht mit der geografischen Lage von Estavayer-le-Lac überein. Darüber hinaus kann das germanische -f(f)- für Estavayer das -v- historischer und aktueller romanischer Formen nicht erklären. Pokornys Vorschlag basiert auf einer rein hypothetischen Form; außerdem ist die Produktivität der Basis stab-/staf- bei der Bildung von Personennamen sehr verringert (Förstemann I, 1359; Morlet I, 202a). Hypothesen, die vom Stabulum ausgehen, sind aus semantischer Sicht überzeugender. Insbesondere eine Formation vom Typ *stabiellum wäre mit historischen Zeugnissen vereinbar. *Stabiolus ist weniger wahrscheinlich, da -iolu in der Dialektaussprache normalerweise nicht zu -i führen kann. Problematisch ist auch das von Aebischer vorgeschlagene Suffix -ella: Das letzte lateinische -a bliebe im Frankoprovenzalischen erhalten. Hubschmieds Vorschlag, der versucht, Estavayer und → Stäfa ZH gleichzeitig aus einem keltischen *stavaia „Konstruktion, Gebäude“ zu erklären, ist höchst spekulativ und für Stäfa ZH phonetisch unbefriedigend. Trotz der formalen Ähnlichkeiten zwischen den antiken Bezeugungen für Estavayer und Stäfa lässt sich diese Hypothese kaum aufrechterhalten. Die urkundlichen Formen in -acum sind spät (1265 Estavayacum). Sie lassen sich durch Versuche analoger Latinisierungen seitens mittelalterlicher Schriftgelehrter erklären, die auf den zahlreichen Ortsnamen in -(i)acum des französischen Sprachraums basieren. Die zusammengesetzte Form Estavayer-le-Lac (1403 Staviaco lacu) ist spät und dient zur Unterscheidung der Gemeinde Estavayer-le-Gibloux. Die alemannische Form wurde romanischen Formen entlehnt und an die deutsche Aussprache angepasst. Das abschließende -s ist zweifellos analog (siehe zum Beispiel → Eschert/Escherz BE).
Erläuterung:
Wie Aebischer (1976: 117) zu Recht feststellt, „wurden für diesen Namen viele Etymologien vorgeschlagen, aber keine kann akzeptiert werden“. Der Name der beiden Freiburger Estavayer ist nach heutigem Kenntnisstand noch ungeklärt.
1962
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